Donnerstag, 21. Juni 2012

Mehr als 1 Monat im Wahn - ein kleines Resümee

Hallo Leute,

mittlerweile bin ich seit über einem Monat in China und habe bereits relativ viel von der Region rund um Shanghai gesehen. Ich wollte ein wenig über die lustigen und auch merkwürdigen Erfahrungen der letzten 30 Tage resümieren.
Jeder morgen ist immer noch ein "komischer" Start in den Tag. Man wacht in seinem nach einem Tag total verwüsteten Hotelzimmer auf (ich komme heim, die Bude ist sauber, alles ist ordentlich - ich schlafe ein, die Bude sieht aus wie das Kinderzimmer eines 3 Jährigen) und weiß genau, wenn man zurückt kommt ist wieder alles top. Wäre das doch auch so in Ludwigshafen! Allerdings ist dieser "zauberhafte" Service an den Wochenenden total unerwünscht, denn die Putzfrauen gehen davon aus, dass man auch Samstags oder Sonntags um 8 Uhr wach ist und auf seinen Reinigungsdienst wartet. Des öfteren habe ich es erlebt, dass ich nichts ahnend im Adamskostüm durch mein Zimmer gelaufen bin und auf einmal eine Stimme an der Tür ihr Erscheinen ankündigte: "Niiiiiiiii haoooo! Ching Chang chong.....ma?"

"NEEEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIN!!!"  -  "BUUUUUUU!"" - "NOOOOO!" - "Komm nicht rein!"

Selbstverständlich klappt es nicht (immer) mit der Völkerverständigung, aber im letzten Moment erreiche ich meistens das schützende Schloss, bevor die Klinke runter geht und die arme Frau in Schockstarre verfallen könnte!
Wenn ich dann angezogen und hübsch für die Uni bin, gehe ich los zum Frühstück (variable Besuche, je nach Lust und Laune) und danach zur Uni. Schon die erste Minute auf Shanghai's Straßen ist immer wieder surreal. Meist ist das erste was man hört ein komisches, widerliches Geräusch was ungefähr so klingt:
"Hrrrrrrrrrrrrr......pfffff!" (--> wer es nicht dekodieren kann: So klingt es wenn man eine Menge "grünen Schleim" aus seiner Kehle, zum anschließenden "Entsorgen", hochzieht). Heute war es besonders "lustig". Ich bin vor das Hotel gegangen, zack hat der Gärtner erstmal eine ordentliche Portion Eklig auf die Straße gespuckt, kurz vor dem Frühstückssaal (welcher 20m weiter ist) noch ein Gast des Hotels. Danach hat man doch so richtig Lust auf Frühstück!
Nach dem morgendlichen Festmahl geht es los zur Uni: Auf diesem relativ kurzem Weg passiert oft allerhand! Man begegnet vielen Menschen die man noch nie gesehen hat (auch wenn man sie bestimmt schon mal gesehen hat, ich bin der Meinung, man trifft keinen Chinesen doppelt! Selbst die Dozenten sehen immer anders aus!). Die wenigen Westler fallen sofort auf, darunter die werten Mitstudenten. Die Stimmung morgens auf dem Weg nimmt asymptotisch ab und nähert sich dem Wert 0 an. Man nickt dem Kommilitonen freundlich zu, jedes weitere Wort könnte eines zu viel sein! Erst in der Uni entfaltet sich die ganze gute Laune, welche man vorher hinter einem Angela Merkel Gesicht versteckt hatte. Die ersten Stunden werden schnell "rumgebracht". Hilfsmittel wie "Pokemon" auf Handy oder "Mario Kart Emulator" können über kurze Durststrecken helfen, aber eine gute Kaffeepause ist meistens doch nicht zu kompensieren. Zum Glück sind die meisten Dozenten so fair und geben uns die Zeit, das braune Gold im Erdgeschoss zu erstehen.

Die Mittagspausen werden sehr oft in nahegelegenen Lokalen wie dem "Nudel-Mann", dem "Japaner", der "Snack-Bar" oder auch beim "Heisse-Platte-mit-Fisch-oder-Fleisch-auf-Nudeln-Mann" verbracht. Es ist doch immer wieder verwunderlich, dass man trotz einer ausführlichen und meiner Meinung nach deutlichen Bestellung, das falsche Essen bekommt. Es soll vorgekommen sein, dass aus einem Steak mit Pfeffer Sauce ein Fisch mit Pilz Sauce wurde. Weitere Skandale sollen an dieser Stelle aus bleiben!
Das Essen ist trotz alledem meistens super, es kommt hin und wieder vor, dass auch was ekliges dabei ist, aber die allgemeine Trefferquote liegt weit über 70%! Es soll halt auch ein wenig Abenteuer sein!

Mit einem mächtigen Suppen-Koma wandern die Studentenzombies gegen 13:30 Uhr zurück in den Hörsaal. Red Bull und Kaffee verhindern das sofortige Einschlafen und versetzen die Bande in einen tranceartigen Zustand. Die Aufnahme neuen Lehrstoffes ist meistens sehr schwer, es gibt aber vereinzelt Studenten unter uns, die noch Kraft zur Mitschrift aufweisen. Ich nicht.
Der Tag nach der Uni wird in letzter Zeit mit viel Vorbereitung für Präsentationen oder anderen Gruppenarbeiten wie unserer Capstone Unternehmenssimulation verbracht. Diese Aufgaben sind sehr zeitintensiv und fordern viel Konzentration von allen Beteiligten. Oft sieht man ein bekanntes Gesicht im Gang, welches die morgendliche Angela Merkel Form angenommen hat. Trotz alledem macht es (noch) Spaß und diese Simulation ist super.
Neben dem vielen "Fleißig-sein" gibt es aber auch noch Freizeit. Viele besuchen das Tongji-Fitnessstudio (oder besser, den Fitnessraum), gehen Kicken oder verbringen ihre Zeit mit Essen an der Straße.

Gestern ist mir nach dem Fitnessstudio(-raum) etwas lustiges und trauriges zugleich aufgefallen. Ich bin an einem Kinesen mit Deutschem Schäferhund vorbei gelaufen. Der Hund aus der Heimat hatte sich an irgendetwas "festgeschnüffelt" und der Besitzer wurde etwas ungeduldig. Da feuerte er dem Hund einen ellenlangen Satz auf Chinesisch entgegen und der Hund reagierte sofort. Der traurige Fakt ist: Der Hund kann mehr Chinesisch als ich! Und: Der Hund kann aufgrund seiner Herkunft auch noch Deutsch!
Aber, ich habe ja noch genug Zeit! Wǒ bǐ gǒu cōngmíng --> Ich bin klüger als ein Hund!

Komisch aber wahr: Es ist leichter in China ein Zugticket für einen Schnellzug/Nachtzug mit bestimmter Uhrzeit und Datum nach Peking zu buchen, als einem Taxifahrer die Destination "Bahnhof" zu erklären, obwohl man ihm ein "Zug-Symbol", eine Karte und die chinesische Übersetzung vor die Nase hält. Ähnlich wie mit dem Essen, man kann sich bemühen, bringt aber eh nichts ;) Dieses kleine alltägliche Chaos zeigt dem durchgeplanten Deutschen, dass er doch nicht alles in der Hand haben kann - aber irgendwie ist das auch gut so! Hier in der "Planwirtschaft" lebt doch alles ein wenig von der Planlosigkeit.

Man muss sich auch ein wenig an den Smog gewöhnen. Shanghai hatte in letzter Zeit laut Medienberichten 
die stärkste Smogbelastung seit Beginn der Aufzeichnungen 1997. Was wir hier als eklig und bedrückend empfinden muss für den Peking-Bewohner Kurort sein, betrachtet man die beiden Charts unterhalb. Ich empfehle Peking (Beijing) um 6:00 Uhr und 18:00 Uhr (Rushhour Zeiten). Zu diesen Tageszeiten steigen die Werte in den Bereich "Hazardous" (gesundheitsgefährdend) .



Trotz alledem freuen wir uns natürlich auf unsere Reise, welche in ein paar Stunden beginnt. Wir haben uns vorsichtshalber mal ein paar Atemschutzmasken besorgt, damit wir mal den echten China-Style ausleben können! Das ganze gepaart mit meiner Mao-Mütze und ner coolen Ray Ban - das wird der Hingucker! Fotos folgenden selbstverständlich!

So, 1 Monat ist rum! Ein weiterer plus ein paar Zerquetschte (Tage) stehen an, ich bin gespannt was noch alles passiert, freue mich aber riesig auf Singapur! 
Sonntag kommen wir aus Beijing zurück, werde also Montag/Dienstag wieder schreiben! Freitag wird Deutschland zelebriert, die Trikots sind schon in den Backpacks verstaut!

Ich wünsche allen ein schönes Wochenende, ich hoffe es wird nicht so viel regnen in Deutschland, aber eigentlich ist es mir auch egal :-P Spaß! Gleich gehe ich erstmal auf die Post und versuche ein paar Postkarten nach Tschermenie zu verschicken, das nächste Abenteuer!
Beste Grüße,

Michael

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