Mittwoch, 22. August 2012

Im Paradies von Tioman oder auch: mein ganz persönlicher Ramadan

Wie aus dem Katalog
Ich grüße die Lesergemeinschaft!

Mal wieder ist eine Woche in Singapur rum gegangen, meine BASF Mailbox quillt über mit Schreckensbotschaften aus dem ostasiatischen Raum (Erdbeben, Taifune, Vogelgrippe, Seuchen, Demonstrationen u.v.m.) und ich habe mir deshalb gedacht, verlasse ich doch mal das Land und diese schlimmen so genannten "Traveller Notifications", um eine entspannte Zeit in....Tioman zu haben. Jetzt fragt sich sicher jeder von euch, wo liegt denn das schon wieder? Um es euch leicht zu machen, habe ich fix einen Google Maps Ausschnitt eingefügt, damit man etwa eine Vorstellung bekommt, wo ich mich schon wieder rum getrieben habe.

So jetzt wisst ihr bescheid

Das Urlauberteam bestand diesmal aus dem Kollegen Weber, Rémy "der Geduldete" und meiner Wenigkeit. Der Plan war folgender: Samstag morgens um 5 Uhr aufstehen, die Metro erwischen, um pünktlich um 6 Uhr am "Golden Mile Complex" zu sein (wo die Busse abfahren). Die Bedeutung des Wortes "Plan" besagt laut Wiktionary folgendes:
 [1] ein durchdachtes Vorhaben, eine Idee oder Vorstellung einer Vorgehensweise
...oder Vorstellung einer Vorgehensweise. Den letzten Part der Definition sah Rémy "der Geduldete" als mustergültig an und meinte erstmal bis kurz vor 6:00 zu schlafen. Auch nach meiner Aufforderung "Rémy - vite vite à la gare!" (Insider für alle GPW-Exhäftlinge) gab der "kleine Sack" kein Tempo und wir waren kurzerhand genötigt eines der "günstigen" Singapur Taxen zu nutzen. Naja, wir haben natürlich alles noch geschafft und am Ende durften wir sogar warten (da kam wieder diese südasiatische Mentalität ins Spiel, nicht pünktlich zu sein). Nun denn, nach kurzer Fahrt ging es erstmal durch den Singapur Zoll, 10 Meter fahren, durch den malaiischen Zoll. Es soll Menschen geben, die machen das jeden Tag! Mal wieder wurden wir freundlich darauf hingewiesen keine Kaugummis, Alkoholika, Feuerzeuge in Schusswaffen Form und Ninja-Schwerter auf dem Rückweg dabei zu haben. Wir haben uns daran gehalten, auch wenn die Auswahl an Ninja-Schwerter auf Tioman sehr sehr verlockend war!

Um nach Tioman überzusetzen muss man erst nach Mersing fahren und dann eine der wenigen Fähren am Tag ergattern. Zum Glück war an diesem Wochenende Feiertag in Singapur und Malaysia, denn der Ramadan neigte sich seinem Ende zu und sollte Sonntag/Montag (ich bin mir da nicht so ganz sicher) groß gefeiert werden. In Singapur/Malaysia nennt man dieses Fest "Hari Raya" was so viel bedeutet wie "Großer Tag" (sehr einfallsreich). Was ich eigentlich damit sagen wollte ist, dass viel viel viel viele (viel viele....) Menschen das gleiche Vorhaben hatten wie wir und der Kampf um einen Fährplatz ähnlich geführt wurde, wie der Kampf um Rettungswesten auf der Titanic vor 100 Jahren. Das ganze entpuppte sich für uns zu einem Glücksspiel, ein Ticket für die Fähre gab es, Karten für den Bus erstmal nicht. Rémy und Christian (oh Gott wie hört sich das nur an - ich meine der Weber) sind los gespurtet um ein paar malaiische Taler am Automaten abzuheben, damit wir den Fährmann bezahlen konnten. Diesem viel dann plötzlich ein, es gäbe noch 3 Bustickets - super, die haben wir gleich genommen! Nach dem etwas "gescheiterten" Morgen waren wir wieder auf der richtigen Spur.

"A decent place" sagen die Malaien
Mit 300 anderen Menschen stellen wir uns in einer Wartehalle an, um die erste Fähre zu bekommen. Hier stellte sich wieder heraus: Wer zuerst kommt, malt zuerst! Die Gemeinschaft der Wartenden wurde durch 3 verschiedene Farben von Fährtickets klassiert: da gab es den "Grüne-Hochadel", die "Orange-Bourgeoisie" und das "Weiße-Proletariat" - also uns drei! Was hatte das zu bedeuten: ganz einfach, die mit den grünen Tickets durften zuerst los, der Rest musste warten. Warten, warten, warten - das war irgendwie das Motto des ganzen Tioman-Trips. Irgendwann kam die Fähre und nach 2 Stunden auf dem Kutter kamen wir auf der Paradies Insel an. Die ganzen "Angela-Merkel-Gesichter" verwandelten sich in strahlende Erstklässler, die noch nichts von ihrem Pech wissen, denn die Insel war wie man sich das Paradies vorstellt: Palmen, glasklares Wasser, weißer Sand und Sonne.

Sehr schön

Auf der Insel wurden wir direkt von den üblichen "Guten-Tag-ich-habe-das-letzte-Hotel-und-bringe-dich-für -NUR-das-doppelte-dort-hin" - Abziehern empfangen, aber schlau wie wir waren haben wir mit dem üblichen Satz "Ich guck mich nur kurz um und komme wieder" dankend abgelehnt. Trotzdem wussten wir nicht wie es weitergeht und die Insel war (fast) restlos ausgebucht. Da kam eine etwas ältere Damen aus Neuseeland um die Ecke, mit einem grässlichen Lena Meyer-Landrut Akzent und erklärte uns, dass die ganzen "coolen, gechillten und total abgebrannten Menschen" in ABC (Kürzel für Ayer Batang Chalet) im Norden von Tioman hausen. Das war also der Weg, den wir zu gehen hatten.

45 Minuten später und mit einem riesen Loch im Magen erreichten wir ABC. Nachdem wir fast alle Chalets abgeklappert hatten, fanden wir letztendlich doch noch eine nette Behausung. Taskliste: Insel erreichen (abgehakt), Schlafplatz sichern (abgehakt), Essen (in Arbeit). Wir suchten also erstmal einen Ort zur Nahrungsaufnahme. Dies sollte ja nicht allzu schwer werden, dachten wir. Pustekuchen: Hari Raya hat uns total einen Strich durch die Rechnung gemacht. Überall meinten die Shop -und Restaurantbetreiber geschlossen zu haben, denn Ramadan verbietet ja den Muslimen die Nahrungsaufnahme während des Sonnenscheins (aber wir sind doch 2 Christen und der gottlose Franzose!). Zum Glück hatte eine westliche orientierte Bar noch ein paar Sandwiches für uns, sodass wir nicht den Qualvollen Hungertod erleiden mussten!

Nach den leckeren Sandwiches und dem ersten "Duty-Free" Bier (die ganze Insel ist eine Duty-Free-Zone)
haben wir uns ein Schnorchel und Flossen für die erste Tauchexpedition geholt. Das Wasser rund um Tioman ist so klar, man kann mit dem bloßen Auge Umrisse von Korallen und Fischen erkennen. Die Unterwasserwelt ist sehr vielfältig und bietet allerhand - leider auch Seeigel! Während meines Tauchgangs mit Schnorchel und Brille habe ich die Mistviecher entdeckt und wollte noch eben den Franzosen warnen, da war es um mich geschehen: ein Fußball großes Seeungetüm mit schwarzen Zacken berührte mich am linken Fuß und ein Schmerz, wie wenn man sich den Fuß selber amputiert, Salz auf die Wunde schüttet und anschließend Marathon läuft durchströmte meinen Körper.

Ein kurze Pause am Strand und alles war wieder gut! Da kenn' ich nix!
Nach einer Stunde tauchen mit Nemo und Co. sind wir zurück in unser (räusper) "Ressort" und buchten direkt eine Schnorchel-Tour nach "Coral Island" für den nächsten Tag. Nun war es wieder soweit: der Hunger war da! Wir suchten vergeblich nach etwas Essbarem, nur 2 überfüllte Restaurants gab es, wo wir uns nach längerem Marsch für eines der beiden entschieden. Logbuch Tag 1 auf Tioman: Ende.

Tag 2 - Sonntag

Früh wollten wir aufstehen, aber vor 9:30 Uhr schafften wir es nicht. Die Betten waren hart wie 100 Jahre alter Zwieback und viele Freunde der Natur (wie zum Beispiel ein Gecko) teilten sich mit uns die Nacht. Für 10 Uhr war der Bootstrip angesetzt. Erstmal galt es was zu Essen zu finden - Fehlanzeige. Auch heute, am heiligen Hari Raya wurde mit dem Essen gegeizt! Der "Ressortleiter", welcher gleichzeitig auch der Ticket-Agent für die Tour nach Coral Island war, sammelte an allen möglichen Orten Flossen und Schnorchel, denn seine Auswahl war total verrottet und unbrauchbar. Auch einen der nahe gelegenen Shops "öffnete" (er hob das Ladengitter an, und klemmte einen Hocker drunter, damit es nicht wieder zugeht) der Kollege, sodass er dort Flossen und Co. besorgen konnte. Rémy, der im Banlieue von Lyon groß geworden ist, erfasste die Lage und fragte, ob wir nicht einfach was kaufen könnten. "Not my shop, other shop!" -"We pay everything!" "Ok boys, fast!". Das war ein Bild für die Götter: Rémy kroch unter dem Gitter in den Laden, packte alles was er gut fand und warf es mir zu. Am Ende drückten wir dem vermeintlichen Shopbesitzer ein paar malaiische Taler in die Hand und gut war! Essen gesichert!

Die Schnorcheltour war genial und wir sahen viel von der Insel! Die nächsten Bilder sollen mal wieder Worte sprechen lassen, ich bin jetzt ein wenig schreibfaul ;-)


Das Expeditionsteam
Schön!


Nicht bearbeitet - es sieht echt so aus!
Jap, sehr schön!



Kollege Godzilla war auch öfter vertreten

Sehr, sehr schön!
Gefährlich!

Nach der langen Tour waren wir praktisch pleite und benötigten Kohle, um irgendwo (vielleicht) was kaufen zu können. Einen Geldautomaten gibt es auf der Insel, dieser liegt in Tekek, 45 Minuten von ABC entfernt. Wir liefen also dort hin, um anschließend festzustellen, dass der Automat unsere VISA und Maestro nicht mag. Kein Geld, kein Essen, nicht einmal Wasser. Ich hatte noch ein paar Singapur Dollar im Geldbeutel, diese tauschte ich beim örtlichen Geldhai mit einen einmalig schlechten Wechselkurs gegen Malaysia Gold. Die letzte Kohle: 120 Spaßgeld! Davon gab es für jeden noch ein leckeres Abendessen, ein Bierchen und am Ende durfte jeder 10 Pfenning behalten (ich bin so selbstlos). Es lag ja nicht daran, dass wir arm waren, sondern einfach, dass wir dumm waren/sind. Warum sollte man auch darauf spekulieren, dass ein Geldautomat funktioniert. Achso: Telefon hat auch nicht wirklich funktioniert, Internetcafés gibt es wohl, waren aber immer geschlossen. Die einzige Verbindung zur Aussenwelt war dem Weber sein Steinzeit-Nokia mit T9-Feature. Unglaublich lustig: iPhone, iPad und andere Smartphones konnten da nichts, aber Nokia 2222 mit 3 Klingeltönen und 10 SMS Speicher hackte sich durch das globale Satellitennetz und ermöglichte uns die Hochfrequenzmorsekommunikation mit alten Enigma Maschinen, sodass die Aussenwelt wusste - wir leben noch! Hätten die bei Lost auch gebraucht ;-)

Tag 3 - Montag und Abreise

Abfahrt Fähre: 11 Uhr
Fahrzeit: 2 Stunden

Abfahrt Bus nach Singapur: 13:30 Uhr

So, ihr könnt euch ja schon denken was jetzt kommt. Erstmal gab es nichts zu essen, welch wunder. Wir trabten mit leeren Magen Richtung Fähre in Tekek und fragten hin und wieder, ob jemand wüsste, wo es was zu Essen gibt. Da passierte es: "Happy Hari Raya - come on and eat with us!" - Jackpot!
Wir wurden von einer muslimischen Familie eingeladen mit ihnen zu essen was wir nach kurzem Zögern dankend annahmen. Wir hielten uns trotz aller Freundlichkeit zurück und verköstigten nur Tee und ein paar leckere Kekse (okay, ich habe als einziger Reis genommen :-P). Am Ende habe ich doch noch meinen Frieden mit diesem etwas "umständlichen" Fest geschlossen.

Geil, Essen!
Treffen der Kulturen: Muslim, Christ(ian) und Franzose

Mit den Worten: "Perfect picture!" übergab er mir die Kamera...

Die Fähre erreichten wir mit halbvollem Magen, dafür pünktlich. Dies war mal wieder egal, denn 300 andere Menschen waren noch pünktlicher und wollten ebenfalls nach Hause. Der Plan den Bus zu bekommen war also für das Erste gescheitert. Auch die Diskussion mit den örtlichen Warlords half nicht weiter, wir wurden mtit einem "I don't care" einfach abserviert. Ein netter Mann wollte noch Beziehungen spielen lassen, um uns auf die erste Fähre zu schleusen, aber auch die sonst so verlässliche Methode der Korruption versagte gänzlich. Da saßen wir nun und warteten...warteten...warteten.
Gegen 15 Uhr waren wir in Mersing, also viel zu spät, aber....die Busse haben gewartet!

Uns war jetzt alles egal, keine Diskussionen mehr und einfach in den erst besten Bus nach Singapur rein. An der Grenze zu Singapur zählte der Busfahrer noch kurz durch, Rémy meinte : "Let's go, all in!" und der Busfahrer nickte nur und führte uns zum Ziel (wer weiss, ob wirklich alle drin waren).Geschafft.

So, das war mal wieder ein längerer und ausführlicher Post von mir, ich hoffe das Lesen hat Spaß gemacht. Am Donnerstag Abend werden der Weber und ich zurück in den Kommunismus reisen, denn es geht nach - Vietnam!!! Ich bin schon sehr gespannt, wer uns dort alles abziehen will :-) Der ausführliche Reisebericht folgt selbstverständlich!

Beste Grüße,

Michael

 Funde des Tages



Blick auf unsere Bude, jemand hat wohl das Licht angelassen...

Schaut mal genau auf die Liste ;-)


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen